Auswirkung zum Anschlusszwangs an die Telematik-Infrastruktur

Kategorie: Aktuelles

JustiziaDie Telematik-Infrastruktur (TI) ist ein zentraler Bestandteil der Digitalisierung des Gesundheitswesens in Deutschland. Sie ermöglicht den Austausch von Gesundheitsdaten zwischen Ärzten, Krankenhäusern und anderen Gesundheitsdienstleistern. Allerdings hat die Pflicht zum Anschluss an die TI auch Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes und der informationellen Selbstbestimmung aufgeworfen.

Anschlusszwang und informationelle Selbstbestimmung

Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist in Deutschland ein hohes Gut und wird durch das Bundesverfassungsgericht geschützt. Es besagt, dass jeder Mensch grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten bestimmen darf.

Die Pflicht zum Anschluss an die TI könnte als Eingriff in dieses Recht angesehen werden, da sie Ärzte dazu verpflichtet, Patientendaten in einer zentralen Infrastruktur zu speichern und auszutauschen. Dies könnte dazu führen, dass Patienten weniger Kontrolle über ihre eigenen Gesundheitsdaten haben.

Der Beschluss des Bundessozialgerichts

Das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 6. März 2024, Aktenzeichen: B 6 KA 23/22 R1, befasste sich mit der Frage, ob Honorarkürzungen für Ärzte, die sich weigern, sich an die Telematik-Infrastruktur (TI) anzuschließen, gerechtfertigt sind.

In diesem speziellen Fall hatte eine gynäkologische Berufsausübungsgemeinschaft aus Rheinland-Pfalz geklagt. Sie hatte ihre Praxis nicht bis Anfang 2019 an die TI angeschlossen. Daraufhin kürzte die Kassenärztliche Vereinigung das Honorar der Berufsausübungsgemeinschaft für das Quartal I/2019 um ein Prozent1. Die Kläger hatten unter anderem datenschutzrechtliche Bedenken geltend gemacht1.

Das BSG entschied, dass die Honorarkürzung für das erste Quartal 2019 rechtmäßig war, da mit § 291b SGB V eine taugliche und rechtmäßige Rechtsgrundlage bestand1. Es wurde kein Verstoß gegen Vorschriften des Datenschutzes festgestellt und auch eine Verletzung der nach Artikel 12 Grundgesetz geschützten Berufsfreiheit wurde nicht festgestellt1.

Die Kläger argumentierten, dass die gesetzlichen Regelungen erst mit dem im Oktober 2020 in Kraft getretenen Patientendaten-Schutz-Gesetz den Anforderungen an die Gewährleistung der Datensicherheit entsprochen hätten1. Das BSG wies diese Argumente zurück und stellte fest, dass das gesetzliche Konzept die Datensicherheit ausreichend gewährleistet hatte1.

Dieses Urteil hat weitreichende Auswirkungen auf die Digitalisierung des Gesundheitswesens in Deutschland und die Rolle, die Ärzte bei der Sicherstellung der Datensicherheit spielen.

Das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil somit festgestellt, dass die Honorarkürzungen für Ärzte, die sich weigern, sich an die TI anzuschließen, gerechtfertigt sind. Es hat argumentiert, dass die Vorteile der TI, wie die Verbesserung der Patientenversorgung und die Effizienzsteigerung im Gesundheitswesen, die potenziellen Nachteile in Bezug auf den Datenschutz überwiegen.

Möglichkeiten für Patienten, sich zu wehren

Obwohl das Urteil des Bundessozialgerichts klarstellt, dass Ärzte an die TI angeschlossen sein müssen, bleibt die Frage, ob und wie Patienten sich gegen diesen “Zwang” wehren können. Eine Möglichkeit könnte darin bestehen, dass Patienten ihre Ärzte bitten, ihre Daten nicht über die TI auszutauschen. Allerdings könnte dies die Qualität der medizinischen Versorgung beeinträchtigen, da Ärzte dann möglicherweise nicht mehr auf wichtige Gesundheitsinformationen zugreifen können.

Schlussfolgerung

Die Pflicht zum Anschluss an die TI wirft wichtige Fragen hinsichtlich des Datenschutzes und der informationellen Selbstbestimmung auf. Während das Bundessozialgericht die Rechtmäßigkeit dieser Pflicht bestätigt hat, bleibt die Frage offen, wie Patienten ihre Rechte in diesem Kontext wahren können. Es ist klar, dass weitere Diskussionen und möglicherweise auch rechtliche Klärungen zu diesem Thema erforderlich sind.